Zuverdienst stärken, nicht schwächen – Kulturrat Österreich fordert Lösungen

Erneut ist eine Reform der Arbeitslosenversicherung angekündigt. Die Interessen der Versicherten müssen dabei im Zentrum stehen. Das bedeutet finanzielle Absicherung in Zeiten von Erwerbslosigkeit und bestmögliche Strukturen, um wieder in Beschäftigung zu kommen. Dazu gehören auch Möglichkeiten der Aus- und Fortbildung. Im Fokus der aktuellen Pläne stehen allerdings Verschärfungen und – vor allem – der Entzug von Zuverdienstmöglichkeiten. Das jedoch würde den Weg zu Arbeitsverhältnissen in Kunst, Kultur und Medien erheblich erschweren. Üblicherweise werden diese zudem nicht durch das AMS vermittelt, vielmehr sind Sichtbarkeit und professionelle Aktivität im Feld die entscheidenden Faktoren.

Erwerbsrealitäten sind von vielfältigen Arbeitsverhältnissen geprägt

Im Bereich Kunst, Kultur und freie Medien erfordern nicht zuletzt die geringen Einkommen im gesamten Sektor häufig, dass selbstständige und unselbstständige Tätigkeiten parallel ausgeübt werden. Typisch ist auch, dass sich kurze, projektbezogene Anstellungen mit längeren Beschäftigungen abwechseln. Geringfügige Aufträge oder Engagements bestehen mal längerfristig parallel, mal punktuell auch tageweise. Dazwischen liegen immer wieder Phasen der Erwerbslosigkeit. Das liegt vielfach an der Abhängigkeit von Projektförderungen (Lücken zwischen den Calls, Einreichphasen ohne Finanzierung …), in manchen Sparten an der typischen Erwerbsstruktur (tageweise Anstellungen im Film, kurzfristige Engagements im Theater …)..Hinzu kommen Jobverluste (auch des „Brotjobs“) oder eine berufliche Umorientierung. Tanz beispielsweise ist kaum eine Tätigkeit, die ein ganzes Erwerbsleben lang ausgeübt werden wird.

Zuverdienst muss möglich bleiben

Zuverdienstmöglichkeiten zu AMS-Bezügen sind ebenso – existenziell – notwendig, wie auch sonst sozialversicherungsfreie Einkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze notwendige Bestandteile eines flexiblen Erwerbslebens in Kunst, Kultur und freien Medien sind. Und sie tragen wesentlich dazu bei, dass Künstler_innen und Kulturarbeiter_innen kontinuierlich in ihren Branchen tätig sein können – in einem Umfeld, in dem es in der Regel darauf ankommt, präsent zu bleiben, manchmal auch nur mit kleinen, kurzfristigen Jobs.

Parallelen zu Wissenschaft und Erwachsenenbildung

Der Arbeitsmarkt des Sektors weist Ähnlichkeiten etwa mit dem Wissenschaftsbetrieb mit großen Teilen der Medienarbeit und der Erwachsenenbildung auf. Hier wie dort, aber zunehmend auch in anderen Sektoren der Wirtschaft, sind Prekarisierung der Betroffenen und in der Folge Altersarmut weit verbreitet. Eine Einschränkung oder das Streichen des Zuverdiensts am AMS reißt nicht nur Lücken in die jeweiligen Einkommen, sondern in die gesamte Erwerbsrealität des Sektors.

Armutsgefährdung als Schwelle für Zuverdienst

Änderungen am Zuverdienst braucht es aber sehr wohl. Selbstständige Einkommen dürfen derzeit im Kalenderjahr das 12fache der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigen, ganz egal wie lang oder kurz ein Arbeitslosengeldbezug in diesem Jahr gedauert hat. Das führt schon jetzt zwangsläufig zur Aufgabe eines Anspruchs auf AMS-Bezug oder drohender Rückzahlung. Und es führt insbesondere gegen Jahresende sogar dazu, dass es sich Betroffene nicht leisten können, einen selbstständigen Auftrag anzunehmen, wenn Rückzahlungen drohen. Das ist kontraproduktiv und verhindert Erwerbsarbeit. Genau hier sehen wir akuten Änderungsbedarf: Zuverdienst sollte grundsätzlich und immer bis zur Armutsgefährdungsschwelle zulässig sein.

Die zentralen Anforderungen an eine Arbeitslosenversicherungsnovelle:
https://kulturrat.at/konkrete-schritte-zur-verbesserung-der-arbeitslosenversicherung

eingetragen am Veröffentlicht am


Kulturministerkonferenz: Soziale Lage der Künstlerinnen und Künstler

Ein von der Kulturministerkonferenz in Auftrag gegebenes Gutachten, um die soziale Absicherung bei Lücken in der Erwerbsbiografie zu verbessern hat erste Erebnisse geliefert. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition im Bund wurde sich vorgenommen, die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbständige zu verbessern. Jetzt geht es darum, die vorliegenden Vorschläge zu diskutieren und Verbesserungen zügig voranzubringen.

Sehr erfreut ist der Deutsche Kulturrat, dass die Honorarempfehlungen für Künstlerinnen und Künstler konkrete Formen annehmen und die Länder hier voranschreiten wollen. Da die Länder zusammen mit den Kommunen den größten Teil der Kulturfinanzierung tragen, können sie eine Vorbildfunktion übernehmen und damit viel bewirken.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Die Pandemie hat vieles sichtbarer gemacht. Dass die Seuche innerhalb von wenigen Tagen die ökonomischen Bedingungen der Künstlerinnen und Künstler zum Zusammenstürzen bringen konnte, zeigt, wie dünn das Eis der wirtschaftlichen und soziale Absicherung der Frauen und Männer, die im Kulturmarkt arbeiten, ist. Es ist deshalb sehr zu begrüßen, dass die Länder der Verbesserung der Rahmenbedingungen zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler jetzt einen sehr hohen Stellenwert einräumen. Die Kulturministerinnen und Kulturminister der Länder haben das Thema jetzt zur Chefsache erklärt – das ist gut so. Besonders positiv ist, dass die Länder bei den Honorarempfehlungen jetzt vorangehen, denn ein wesentlicher Schlüssel zur Verbesserung der sozialen Lage ist die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage – also des Einkommens.“

eingetragen am Veröffentlicht am


Krieg: Kunst und Kultur können Türen offenhalten

Der Deutsche Kulturrat steht klar und unmissverständlich an der Seite der Menschen, die in der Ukraine für Freiheit und Unabhängigkeit einstehen und kämpfen. Er steht zu den Menschen, die sich in Russland, oft unser Einsatz ihres Lebens und des ihrer Familien, für Frieden und Freiheit, für Demokratie und Menschenrechte, für Kunst- und Medienfreiheit einsetzen. Er ist voller Respekt vor den Journalistinnen und Journalisten, die aus dem Krieg berichten und dafür Leib und Leben riskieren. Gerade jetzt sind unabhängige Informationen dringend erforderlich.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagt zu den Entwicklungen: „Kunst ist auch politisch, aber ich bin fest davon überzeugt, dass nicht von jedem Künstler oder jeder Künstlerin ein politisches Statement verlangt werden darf. Insbesondere nicht von Künstlerinnen und Künstler, die dafür ihr Leben und das ihrer Familien riskieren müssen. Wer sich allerdings als Künstler oder Künstlerin Autokraten andient und sie unterstützt, muss mit Konsequenzen rechnen, dies sollte generell und nicht nur im Krieg gelten. Eine Form von „Gesinnungsprüfung“ von Künstlerinnen und Künstlern ist allerdings mit der Kunstfreiheit nicht vereinbar. Es darf keinen Bekenntniszwang geben, das widerspricht unseren demokratischen Grundwerten.

  • Wichtig ist, den verzweifelten Menschen in der Ukraine zu helfen.
  • Wichtig ist, dass wir allen Geflüchteten dieses Krieges Asyl in unserem Land gewähren.
  • Wichtig ist aber auch, die positiven zivilgesellschaftlichen Kräfte in Russland zu stärken.
  • Wichtig ist, dass der Dialogfaden nicht gänzlich abreißt.

Kunst und Kultur können Türen offenhalten, wenn selbst die Türen der Diplomatie zugefallen sind.“

eingetragen am Veröffentlicht am


Mehr Einkommen für Künstler: EU kann Weg für Honorarempfehlungen bereiten

Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hat im Februar eine Stellungnahme zum Entwurf der EU-Kommission für eine Mitteilung „Leitlinien zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen“ vorgelegt. Die Initiative der EU-Kommission soll ermöglichen, dass Verbände von Solo-Selbständigen mit den Verbänden ihrer Auftraggeber in Verhandlungen über ihre Arbeitsbedingungen und damit auch ihre Honorare aufnehmen können. Anknüpfungspunkt ist Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

eingetragen am Veröffentlicht am


Der andere Blick auf Israel

Die Februar-Ausgabe von „Politik & Kultur“, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, widmet in ihrem Schwerpunkt Israel ein Kulturportrait.

Der israelische Soziologe Natan Sznaider schreibt dazu in seinem einführenden Artikel über Israel: „…, dass man von »der« israelischen Gesellschaft an sich nicht sprechen kann. Es sollte besser von »Gesellschaften« in Israel gesprochen werden.“ Und mit Blick auf den Staat Israel: „Es geht letztlich auch um die aktuelle Verwirklichung dessen, was sich im Traum der Zionisten verbarg: dass Israel ein normaler Staat werden könnte. Ein Staat, der seinen Bürgerinnen und Bürgern, egal welcher Religion und Herkunft, Sicherheit bietet. Ein Staat in Frieden, ein Staat, der nicht umstritten ist, und ein Staat, der von der Welt akzeptiert wird.“ Sznaider schreibt weiter: „Trotz Besatzung und all den weiteren Problemen ist Israel auch Alltag und alltägliche Praktiken. Holocaustüberlebende, die in einem Strandcafé eine hebräische Zeitung lesen, die aus Nordafrika stammende Bankangestellte, die einem aus Odessa eingewanderten Juden einen Kredit, und zwar auf Hebräisch, ausstellt. Ein arabischer Professor, der in einem hebräisch geschriebenen Zeitungsartikel gleiche Bürgerrechte einfordert, ein orthodoxer Rabbiner, der in einer Polittalkshow auf Hebräisch mehr Heiligkeit für den Sabbat einklagt und den Zionismus, den er eigentlich ablehnt, dadurch bekräftigt. Junge LGBT-Menschen, die ihre Ehen anerkannt haben wollen. Junge Studentinnen und Studenten, die nach den neuesten Nachtklubs suchen und sich auch die Vorlesungspläne der Freien Universität in Berlin anschauen. Viele Menschen wollen ein kleines, nicht-heroisches und ideologiefreies Leben jenseits der Ideologien führen, ihre Kinder in die Schule schicken, Urlaub machen, sich neue Dinge kaufen, einen Kaffee trinken gehen und den nächsten Tag überleben. In dieser Hinsicht sind diese Gesellschaften in Israel eine beispielslose Erfolgsgeschichte.“

eingetragen am Veröffentlicht am


Corona-Erwerbsersatz für Selbstständige in der Schweiz

Viele Berufsverbände im Musiksektor (und auch in anderen Sparten) erhielten die Rückmeldung von Mitgliedern, dass Gesuche um Corona-Erwerbsersatz unerwartet abgewiesen wurden. Begründet wurden die Abweisungen etwa damit, dass der Erwerbsausfall nicht auf die von Bund und Kantonen verfügten Massnahmen zur Eindämmung der Epidemie zurückzuführen seien, so wie es das Gesetz verlange. Um Personen beim Einreichen und Begründen der Gesuche zu unterstützten, wurden von den Kulturverbänden Empfehlungen verfasst. Diese Empfehlungen finden sich u.a. auf den Webseiten von SONART-Musikschaffende Schweiz und dem Schweizerischen Musikerverband SMV.

eingetragen am Veröffentlicht am


Corona Hilfsprogramme aktuell

Aktuell können Soloselbstständige wie Künstler oder Musiker in Deutschland seit November für die coronabedingten Einschränkungen eine monatliche Förderung von bis zu 5.000 Euro direkt und ohne bürokratischen Aufwand beantragen. Erst oberhalb dieser Grenze ist ein Steuerberater notwendig.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat sich bereits mehrfach an die übrige Politik und die Bundesländer gewandt um auf die Dringlichkeit aufmerksam zu machen. Die Regelung als solche ist von Betroffenen und Verbänden sowie einigen Kulturministern der Länder bereits seit Beginn der Krise im März gefordert worden. Freischaffende Künstler konnten lange keinen fiktiven Unternehmerlohn geltend machen und waren so auf die eigens geöffnete Grundsicherung Hartz IV angewiesen.

Im Kultur- und Kreativbereich arbeiten rund 1,5 Millionen Menschen, die mehr als 100 Milliarden Euro an Wertschöpfung zum Bruttoinlandsprodukt beitragen.

Auch in Österreich und der Schweiz haben die Regierungen Soforthilfen auf den Weg gebracht und justieren immer wieder nach.

 

Informationen unterschiedlicher Quellen wie dpa, Deutscher Kulturrat, DRMV, u.a.

eingetragen am Veröffentlicht am